Unsere Zeit, unser Leben ist vollgepfropft mit Technik. Sie bringt uns immer schneller an jeden Ort dieser Welt. Sie hilft uns immer größere Mengen von mehr oder weniger nützlichen Dingen herzustellen oder Unmengen von Daten zu verwalten. Darüber hinaus ermöglicht sie Kommunikation über fast alle Grenzen hinweg. Und doch scheint unsere Zeit ebenso geprägt zu sein von einer Sehnsucht nach Zauberei, nach Fabelwesen, nach Geheimnisvollem und Unerklärlichem. Man braucht nur das Fernseh- oder Kinoprogramm, die Spielzeuggeschäfte oder Buchläden anzuschauen. Es wimmelt dort von Zauberern, Hexen, Drachen, Monstern, Feen, von außerirdischen oder vorgeschichtlichen Fabelwesen, von übersinnlichen Kräften und Helden mit unglaublichen Fähigkeiten. Woran mag das liegen?
Zum einen waren Mystik und Magie immer eine der möglichen Antworten auf die ungelösten Fragen, die die Menschen bewegten. Wenn man nicht weiß, woher Blitz und Donner kommen, dann ist es immerhin denkbar, dass da einer in den Wolken sitzt, der zornig über das Treiben der Menschen seiner Wut freien Lauf lässt. Man weiß längst, wie Blitz und Donner wirklich entstehen, trotzdem erfreuen sich viele Menschen an den Geschichten über Götter, ihre Heldentaten und Intrigen. Diese Geschichten werden heute eher als eine Art Märchen verstanden, die mit dem Geschehen in einer Fantasiewelt ein Stück Lebensweisheit transportieren. Die Fantasiewelt fasziniert, weil ihre Gestalten manchen Zwängen, die das Leben kennzeichnen, nicht unterliegen oder diese abstreifen können. Das reale Leben kennt dagegen viele Einschränkungen, es ist oft anstrengend und voller Gefahren. Die erträumte Freiheit in einer Fantasiewelt überwindet solche Begrenzungen, trennt meist sauber zwischen gut und böse und verhilft dem Helden zum Sieg. Das tut gut!
Aber was hat das Ganze mit unserem Thema zu tun? Nun, wir müssen noch eine brauchbare Erklärung dafür finden, was Kräfte eigentlich sind und wie sie entstehen. Wenn man als interessierter Laie liest, was die Physik dazu vorlegt, dann ist man per Saldo höchst erstaunt und wohl auch irritiert. Die Statements reichen von „wissen wir nicht“, zum Beispiel in Bezug auf die Gravitationskraft, über Erklärungen unter Hinzuziehung virtueller Teilchen, die für die Kernkräfte verantwortlich sein sollen, bis hin zur Postulierung von „Scheinkräften“. Wenn man das zusammenfasst, dann sind Kräfte also unerklärlich, sie resultieren aus unwirklichen Teilchen oder sie sind überhaupt nur scheinbar vorhanden. Mystik und Magie halt. Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Man könnte sich zum Wirken von Göttern, zu Wundern der Natur oder dem magischen Treiben von Zauberern und Elfen bekennen oder man könnte versuchen, trotz aller Widernisse, doch noch eine halbwegs plausible Erklärung zu finden.
Bleiben wir bei dem, was wir schon herausgearbeitet haben, nämlich dass unsere Welt aus Strukturen und Bewegungen besteht. Kräfte können sich demnach nur auf Strukturen und Bewegungen beziehen. Als Strukturen werden hier Atome samt ihrer Bausteine sowie jedwede Art der von ihnen gebildeten Verbindungen bezeichnet. Das können einzelne Moleküle genauso sein wie komplexe Strukturen. Als komplexe Strukturen kann alles, was um uns herum existiert, aufgefasst werden. In dieser Betrachtung sind selbst die Erde, unser Sonnensystem, die Galaxis oder das Universum als Ganzes komplexe Strukturen. Allen Strukturen ist gemeinsam, dass sie eine äußere Form besitzen, durch die sie sich gleichzeitig unterscheiden. Außerdem sind alle Strukturen aus Teilen aufgebaut, die jeweils spezifische Bindungen zueinander eingehen. Die Teile der Strukturen wie auch die Strukturen als Ganzes sind in Bewegung, wodurch sie sich verändern und gleichzeitig mit anderen in Kontakt treten. Nicht zu vergessen, dass alle Strukturen in einem bestimmten Raum und für eine bestimmte Zeit existieren.
Nun zu den Bewegungen. Welche Arten von Bewegungen gibt es? Wenn man von allen Besonderheiten absieht, dann kann man drei Arten von Bewegungen unterscheiden – die Bewegungen innerhalb einer Struktur, die Bewegungen der Struktur um sich selbst und ihre Bewegung im Raum. Wenn sich eine Struktur auflöst, entweder, weil das innere Gleichgewicht abhanden kam, oder, weil äußere Einflüsse zerstörerisch wirkten, dann werden deren Bestandteile freigesetzt. Sie können sich nun samt ihrer Energie im Raum verbreiten. Die Eigenbewegung dieser Bestandteile, das heißt, ihre Bewegung um sich selbst wie auch ihre „innere“ Bewegung, bleiben jedoch erhalten. Treffen sie bei ihrer Ausbreitung im Raum auf eine andere Struktur, dann kann es sein, dass sie mit ihrer Energie in dieser aufgehen. Die Photonen, die auf die Erde treffen, werden dort größtenteils absorbiert. Ein Teil der auf diese Weise von der Erde aufgenommenen Energie geht durch Abstrahlung in den Weltraum wieder verloren. Der andere Teil wird mehr oder weniger dauerhaft in bestehende Strukturen, wie zum Beispiel Pflanzen, eingebaut. Viele Strukturen können zusätzliche Energie aber gar nicht brauchen, sie stört nur ihr inneres Gleichgewicht. Diese Strukturen wollen die überschüssige Energie wieder loswerden, um ihr eigenes „stabiles“ Dasein fortzusetzen. Nur, was geschieht, wenn die Energieabgabe unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich ist?
Führt man einem Gas Energie zu, dann werden die Bewegungen der Gasmoleküle hektischer, das Gas dehnt sich aus. Befindet sich dieses Gas in einem Behälter, dann stoßen die Moleküle an die Behälterwand, je mehr Energie zugeführt wird umso heftiger. Sie wollen raus oder wenigstens ihre Energie an den Behälter abgeben. Beides gelingt nicht. Druck entsteht, der irgendwann den Behälter sprengen wird. Druck ist hier also eine Kraft, die aus der Bewegung der Gasmoleküle resultiert. Nehmen wir ein anderes Beispiel. Ich drücke einen Bleistift mit der stumpfen Seite auf einen Radiergummi. Und nun? Ich habe dem Bleistift durch mein Drücken einen Bewegungsimpuls gegeben. Wenn da kein Hindernis wäre, würde dieser Impuls zu einer Bewegung des Radiergummis führen. Da ist aber ein Hindernis – die Tischplatte. Mein Impuls reicht nicht aus, um den Radiergummi und dann auch noch die Tischplatte in Bewegung zu setzen, zumal diese nicht im Raum schwebt, sondern mit vier Beinen auf der Erde steht. Der Radiergummi kann die Energie, die ich ihm zuführe, also weder in Bewegung umsetzen noch an andere weitergeben. Er verformt sich. Das heißt, die Kraft, die zur Verformung des Radiergummis führt, ist auch hier Resultat einer Bewegung, nämlich des Bewegungsimpulses, den ich dem Bleistift gegeben habe.
Druck entsteht aber nicht nur aus Bewegung, auch Masse kann Druck ausüben. Wenn ich mich in mein Bett lege, dann sinke ich in die Matratze. Meistens springe ich nicht ins Bett und übe deshalb Druck aus, ich lege mich einfach langsam und müde hin. Es ist mein Gewicht, das Druck auf die Matratze ausübt und sie verformt. Mein Gewicht ist nicht ursächlich dem guten Essen geschuldet, wie man meinen könnte, sondern der Gravitation der Erde. Die Gravitationskraft verleiht den Dingen Gewicht. Druck kann also das Ergebnis von Bewegungsimpulsen sein oder er kann durch das Wirken der Gravitationskraft entstehen. Genau genommen ist auch das Gewicht eine durch die Gravitationskraft hervorgerufene, jedoch nicht realisierbare Bewegung. Die Gravitationskraft beschleunigt eine Masse, sie gibt ihr einen Bewegungsimpuls hin zur Mitte des Planeten. In dem Moment, wo die so initierte, respektive beschleunigte Bewegung auf ein Hindernis trifft, in dem Moment übt diese Masse einen Druck auf das Hindernis aus. Diesen Druck bezeichnet man als Gewicht. Unter dem Strich ist also die „Kraft“, die einen Druck erzeugt, immer eine unter den gegebenen Bedingungen nicht realisierbare Bewegung.
Es könnte sinnvoll sein, auch andere Kräfte unter diesem Aspekt zu betrachten. Da wäre zum Beispiel die Reibungskraft. Hinsichtlich der Reibung werden zwei Arten unterschieden – die Haftreibung und die Gleitreibung. Die Haftreibung beschreibt den Umstand, dass ein Tisch dort stehen bleibt, wo man ihn hinstellt. Er rutscht nicht etwa weg oder kullert durch den Raum. Ursache für seine Haftung ist sein Gewicht, das einen Druck auf den Untergrund ausübt und damit dessen Struktur in bestimmten Maße verformt. Auf diese Weise wird das Wegrutschen verhindert. Allerdings hatten wir bereits festgestellt, dass das Gewicht keine eigenständige Kraft ist, sondern dass dessen Wirkung aus einer unterdrückten Bewegung resultiert. Bei der Gleitreibung ist als erstes ebenfalls das Gewicht zu nennen, das den Tisch in den Untergrund drückt. Außerdem wirkt noch eine Kraft, die den Tisch auf diesem Untergrund verschieben will. Sie sollte, muss aber nicht, parallel zum Untergrund gerichtet sein. Natürlich handelt es sich auch hier nicht wirklich um eine Kraft, sondern um einen Bewegungsimpuls, den man dem Tisch zuführt. Der Tisch kann diesen Bewegungsimpuls jedoch nicht vollständig in eine horizontale Bewegung umsetzen, denn er „haftet“ ja am Untergrund. Um diese Haftung zu überwinden, muss er auf seinem Weg ständig Strukturen verändern. Teile der Energie fließen auf diese Weise in die Strukturen, die an der Kontaktfläche des Tisches zum Untergrund liegen. Diese Strukturen wollen die ihnen zufließende Energie wieder abgeben, was zum Beispiel in Form von Wärme geschieht. Demnach sind Reibungskräfte keine eigenständige Wirkungsursache. Sie resultieren, ebenso wie der Druck, aus der Energie von Bewegungen.
Wie ist das mit der Federkraft? Wenn man eine Spiralfeder auseinanderzieht, dann hat sie das Bestreben in ihre ursprüngliche Form zurückzuschnellen. Die Schaummatratze macht im übrigen nichts anderes, nur viel langsamer. Auch andere Stoffe respektive Strukturen haben das Bestreben, in ihre ursprüngliche, stabile Form zurückzukehren. Wieviel Energie eine Struktur aufnehmen kann, indem sie sich verformt, ohne völlig zerstört zu werden, hängt von der Spezifik des jeweiligen Materials ab. Was hat dies aber mit der Federkraft zu tun? Noch einmal, ich ziehe an einer Spiralfeder. Damit gebe ich der Feder einen Bewegungsimpuls, hier nicht als Stoß sondern als Zug. Die Spiralfeder muss diese Energie aufnehmen, da sie am Ort verankert ist und sich nicht mitziehen lassen kann. Die Energie verformt die Feder, sie wird länger. Das Bestreben der Feder ist es, diese für sie unnötige Energie wieder loszuwerden, um in die alte, stabile Form zurückzukehren zu können. Wenn man nicht mehr an der Feder zieht und sie loslässt, dann springt sie in ihr altes Dasein zurück. In diesem Prozess gibt sie die überschüssige Energie ab. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert auch ein Stoßdämpfer, allerdings mit entgegengesetzter Bewegungsrichtung. Es wird Energie, die durch den Stoß auf das Material wirkt, in die Struktur aufgenommen, was zu deren Verformung führt. Diese Energie wird bei nächster Gelegenheit, das heißt dann, wenn kein Druck mehr auf die Struktur wirkt, wieder abgegeben, so dass der Stoßdämpfer in seine alte Form zurückkehren kann. Wieder ist ein Bewegungsimpuls die Wirkungsursache. Letztlich kann man alle Alltagskräfte auf externe Energieimpulse oder das Wirken der Gravitation zurückführen. Ach ja, die Gravitation, die unerklärliche, sie ist wohl tatsächlich eine Kraft.
zuletzt geändert: 22.06.2019