Was kann es nach Anfang und Ende des Universums noch Gewichtiges geben? Nichts! Trotzdem kann ich mir diesen Abschnitt nicht verkneifen, weil die mit ihm verbundene Entstehungsgeschichte irgendwie absonderlich war. Eines Nachts, die Beschäftigung mit den Problemen aus dem Reich der Physik lag schon einige Monate hinter mir, wachte ich auf, weil sich in meinem Kopf eine Frage zum Verhältnis von Masse und Gewicht ungestüm nach vorne drängte. Vergleichbares passiert mir höchst selten. Dass dieses nächtliche Ereignis noch dazu ein Thema betraf, das mich aktuell gar nicht beschäftigte, war nun vollends erstaunlich. Was sich da nach vorne drängte war im übrigen kein kruder Traum, sondern eine durchaus interessante Fragestellung, die mir bis dahin nicht aufgefallen war. Es war, als ob ein kleiner Quälgeist im Kopf sagen wollte, wach auf Alter, ich hab da so eine Idee, kümmere dich darum. Nach einer kurzen Zeit nächtlichen Grübelns bin ich erfreulicherweise wieder eingeschlafen.
Am nächsten Morgen war, wie immer, wenig Zeit. Lediglich einige Notizen, damit ich die Frage nicht vergessen würde, konnte ich schnell zu Papier bringen. Die Arbeit, also der Broterwerb, rief unerbittlich. Dort angekommen, begrüsste man mich mit der Nachricht, dass alle Systeme ausgefallen seien und wir uns mit Weiterbildung oder so beschäftigen sollten. Oh Wunder, mit einem Mal war Zeit vorhanden, um aus den Erlebnissen der Nacht die Skizze für einen Artikel zu formen. Kaum war dies in aller Eile vollbracht, liefen auch die Systeme wieder an. Sollte dies ein Fußtritt des Schicksals gewesen sein? Bloß gut, dass ich nicht abergläubisch bin. Jedenfalls führte nun kein Weg mehr an der Fragestellung dieser Nacht vorbei.
Die Frage war, wieso die Dinge ein unterschiedliches Gewicht aufweisen. Wie jetzt, mag mancher denken, so eine Frage raubt dir den Nachtschlaf? Die Sache ist doch sonnenklar, denn die Dinge haben nun einmal eine unterschiedliche Masse und damit auch ein unterschiedliches Gewicht. Aber halt, so einfach ist das nicht, denn Gewicht ist keine Eigenschaft der Masse, wie die Besatzung jeder Raumstation zweifellos bestätigen wird. Im Weltall haben alle Massen gleichermaßen kein Gewicht. Gewicht wird den Dingen durch die Schwerkraft verliehen. Die Schwerkraft der Erde bewirkt ein Heranziehen aller Massen an den Planeten oder anders gesagt, sie verleiht ihnen einen Bewegungsimpuls in Richtung Erdmittelpunkt. Die Schwerkraft wirkt wiederum auf alle Massen gleich, was seinen Ausdruck in der gleichen Beschleunigung jeglicher Masse in ihrem Fall Richtung Erde findet. Wenn dieser Bewegung irgendwo ein Hindernis im Wege ist und sie sich nicht weiter realisieren kann, dann tritt diese nicht realisierbare Bewegung, mithin die Bewegungsenergie dieser Masse, als Kraft zutage. Wirkt diese Kraft auf eine Waage, dann können wir ihre Größe als Gewicht ablesen.
Nun wissen wir zwar, warum die Massen auf Erden Gewicht besitzen, aber warum ist dieses Gewicht für die einzelnen Massen unterschiedlich, wo doch die Schwerkraft auf alle Massen in gleicher Weise wirkt? Die Frage ist also doch etwas verzwickter. Fangen wir wieder bei den Atomen an, deren Hauptmasseträger die Protonen und die Neutronen sind. In den Stoffen oder Dingen sind unterschiedlich viele Protonen und Neutronen versammelt, was ihre unterschiedliche Masse begründet. Allerdings haben auch Protonen und Neutronen von sich aus kein Gewicht, wie ihr Dasein im Weltraum beweist. Im Weltraum unterscheidet man die Massen mittels der Energiemenge, die erforderlich ist, um ihnen eine bestimmte Beschleunigung zu erteilen. Die Massen nehmen den Energieimpuls auf und setzen ihn in ihrer Bewegung um. Je mehr Energie für die gleiche Beschleunigung erforderlich ist, desto größer ist die beschleunigte Masse. Das erreichte höhere Energieniveau bleibt wiederum solange erhalten, bis eine andere Masse respektive ein anderer Energieimpuls diesen Zustand ändert. Physiker bezeichnen dieses Phänomen als Trägheit. Gemeint ist, dass die Energie in Form einer Bewegung erhalten bleibt, solange dem keine von außen kommenden Einflüsse entgegenwirken. Die „Trägheit“ ist hier also Ausdruck des Energieerhaltungssatzes.
Im Weltraum gilt demnach, je mehr Masse eine Struktur besitzt, desto mehr Energie ist erforderlich, um die Struktur in ihrer Gesamtheit in einem bestimmten Maße zu beschleunigen und so ein höheres eigenes Energieniveau zu erreichen. Gleiches muss vom Prinzip her auch auf Erden gelten. Die hier wirkende Gravitationskraft gibt allen Strukturen einen Impuls zur Bewegung in Richtung Erdmitte. Diese auf die Strukturen wirkende Energie ist für alle gleich. Je mehr Masse, je mehr Protonen und Neutronen eine Struktur besitzt, desto größer ist die Energie, die diese Struktur aufnimmt, um in gleicher Weise wie alle anderen beschleunigt zu werden. Falls sich diese Energie wegen eines Hindernisses nicht realisieren kann, tritt sie wiederum als Kraft, als unterschiedlich große Kraft, mithin als unterschiedlich großes Gewicht in Erscheinung. Der Unterschied zu den beschleunigten Massen im Weltraum besteht eigentlich nur darin, dass auf Erden alle Strukturen zu jeder Zeit und in gleichem Maße einem Energieimpuls in Form der Gravitationskraft ausgesetzt sind und deshalb keine zusätzliche Energie aufgewandt werden muss, um die Unterschiede in den Massen zu bestimmen.
Es gibt aber noch einen anderen Unterschied. Auf der Erde hat jede Masse ein Gewicht, das bestimmt werden kann. Im Weltraum ist eine Bestimmung der Masse nur möglich, wenn der zum Einsatz kommende Energieimpuls groß genug ist, um die Trägheit der jeweiligen Masse zu überwinden, mithin sie in Bewegung zu setzen. Wodurch wird diese „Trägheit“ verursacht und wieso spielt sie in dieser Form auf Erden keine Rolle? Jede Struktur besitzt ein relatives Gleichgewicht der Kräfte, das ihr eine gewisse Stabilität verleiht. Dieses Gleichgewicht ist nichts Starres, vielmehr sind Veränderungen, zum Beispiel durch von außen kommende Energie, möglich. Eine Struktur kann solche Energie bis zu einem gewissen Grad ertragen beziehungsweise in sich aufnehmen. Wird die ankommende Energie so groß, dass sie die Struktur zu sprengen droht, dann muss diese die überschüssige Energie schnellstens nach außen ableiten oder in eine Bewegung umsetzen. Die im Weltraum zu beobachtende „Trägheit“ ist also Ausdruck der Fähigkeit der Strukturen von außen kommende Energie bis zu einem gewissen Grad zu integrieren. Diese Fähigkeit ist bei größeren Strukturen mit einer höheren Zahl an atomaren Bestandteilen naturgemäss größer. Auf der Erde spielt diese Form der Trägheit keine Rolle, da die Gravitationskraft der Erde einen Energieimpuls generiert, der in jedem Fall die Toleranzgrenze der Strukturen übersteigt und sie in Bewegung setzt.
zuletzt geändert: 30.06.2019